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So weiß wie Schnee...

Aktualisiert: 5. Jan. 2020

über die reinste Nichtfarbe




Nichtfarben spielen eine übergeordnete Rolle im Gestaltungsleben.

Als Nichtfarben gelten Weiß, Schwarz und natürlich alle Grautöne.

Ich denke aber, dass man das auch anders sehen kann. Es gibt, man sollte es nicht meinen, unglaubliche viele Weißtöne. Warum sollte das nicht als Farbe gelten?



Da gibt es beiges Weiß, gelbes Weiß, blaues Weiß ... die Liste läßt sich lang fortsetzen. Ich stelle fest, dass ich mich mit zunehmender Beruferfahrung auch mehr Augenmerk auf solche Details lege als früher. Es ist mir nicht mehr egal, in welchem Weiß-Ton die Decke gestrichen wird und ob die Wände in der gleiche Farbe oder doch lieber einen Tick anders gemalt werden.

Wenn ich das auf einer Party erzähle, ernte ich oft skeptische Blicke. Ich gebe zu, das ist auch ein bisschen pingelig - aber wofür brauchen Sie eine Expertin, wenn es eben nicht diesen Unterschied machen würde. Und glauben Sie mir: es ist einer. Da Sie dies hier lesen, gehe ich davon aus, dass Sie nicht zu denjenigen mit den skeptischen Blicken gehören, sondern sich schon mal gefragt haben, warum die Waschküche immer so schäbig aussieht, wobei sie doch im gleichen Jahr wie die Küche gestrichen wurde, und die ist noch tippi-toppi, obwohl da gekocht wird und alle durchtoben.






wunderbares Weiß


Weiß ist wunderbar. Es bringt Ruhe und hat Strahlkraft. Es ist hell und verspricht Licht.

Und es läßt sich mit wirklich allem kombinieren (außer mit dem falschen Weiß) und bringt die anderen Farben zum Leuchten.

Weiß ist eine solide, edle Basis. Es hat nicht umsonst einen Grund, dass die meisten Wände weiß gestrichen werde: es sieht gut aus und bereitet uns wenig Kopfzerbrechen.

Den meisten Räumen steht Weiß hervorragend. Es ist hell, es strahlt eine gewisse Sauberkeit aus, es wirkt ordentlich. Außer auf Raufasertapeten - aber die machen sowieso alle Farben kaputt, auch Weiß.


Es wird immer, immer die weiße Küche, den weißen Kleiderschrank und das weiße Sideboard geben. Und ich persönlich würde in einem Mietobjekt auch weiße Türen statt der unsäglichen Billig-Holzdinger vorziehen, aber das ist rar gesät. (Warum sind Türen eigentlich so oft aus Holz? Da die meisten Wände weiß sind, sind diese Türen eine große, otische Unterbrechung und machen die Räume noch kleiner.)


So lange ist diese Farbe aber noch nicht üblich. Bevor man Möbel industriell lackieren konnte, waren sie aus Holz. Erst in den 60er Jahren kam eine gute Lackoberfläche ins Spiel und eröffnete uns neue gestalterische Möglichkeiten. Die Möbel wurden optisch leichter und machten sich dank der homogenen Oberfläche einfacher kombinierbar. Weiß war auch hier die unverfänglichste alles Farben.

Wenn ich da so an die diversen Farbkarten verschiedener Möbelhersteller zurück denke, sind es immer die gleichen Töne, die übrig bleiben - aber auch die ändern sich im Laufe der Zeit.






Was Weiß mit Halogen und LED zu tun hat


Der aktuelle Weißton ist sehr hart. Oft wird RAL 9016 eingesetzt, das ist ein wirklich strahlendes Weiß (aber auch hier wird wieder daran gearbeitet, es noch heller zu bekommen). Wirft man einen Blick auf das, was uns so im Alltag begegnet, ist das nur konsequent: fast alles ist clean. „Pure“ ist beliebtes Wort, wenn es um die Darstellung einer Firmenphilosophie geht oder steht sogar ganz für ein Unternehmen.

Eine moderne Einrichtung wird häufig geradezu unterkühlt dargestellt. (Ich frage mich immer, wer so wohnt. In den Reportagen über Architektur, die ich natürlich anschaue, werden die Bauherren in ihren optisch durchaus reizvollen neuen Häusern interviewt. Es ist alles aus Beton, Holz, die Wände sind weiß verputzt, die Fenster gehen über die gesamte Raumbreite - und es hallt. Kein Teppich, kein Vorhang - nur harte, “pure“ Oberflächen. Ich würde wahnsinnig werden. Man stelle sich vor, da laufen die Kindern den ganzen Tag durch, das macht einen doch irre.)


Das hat auch etwas mit dem Licht zu tun. Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Halogenleuchten überall im Einsatz. Das ist immer noch eine weicheres Licht, verglichen mit den LED, die das heute durchgehend ersetzen. Die sind zwar inzwischen durchaus brauchbar und längst nicht mehr so gruselig wie in ihren Anfängen, aber dennoch ist das Licht klarer, heller, härter als ein Halogen- oder gar ein Glühbirnenlicht.

In den 1990er und 2000er Jahren war RAL 9010 - reinweiß - das Weiß der Stunde. Wenn man nichts weiter bestellt hat als “weiß“, bekam man diesen Farbton. Wenn wir den auf der Farbkarete neben RAL 9016 halten sieht er geradezu vergilbt aus. Ist er aber nicht, wenn er für sich alleine steht.






weißes Brautkleid und die Musselin -Krankheit



Und auch mit dem Weiß ist es noch gar nicht so lange her.

Weiße Brautkleider kamen erst in Mode, nachdem Königin Victoria von England 1840 in Weiß geheiratet hat. Zuvor trug die Braut das „gute“, meist schwarze Sonntagskleid. Ging ja nicht an, dass man nur für einen Tag ein Extra-Kleid hatte. Was für eine Verschwednung.

Die Mode setzte sich jedoch durch un hält sich bis heute.



Nach der franzözischen Revolution trug die moderne Bürgerliche Weiß - und nicht das farbenfrohe, opulente Outfit einer Aristokratin. Weiß versprach Schlichtheit, Reinheit im Geiste - und wir vergessen mal großzügig, dass es sehr viel Personal brauchte, um die weißen Kleidchen alle schön sauber zu halten. Aber das nur am Rande.

Ungefähr zeitgleich gab es die sogenannte „Musselin-Krankheit“. Schon vor der Revolution wurden Kleider modern, die sich an die antiken Tuniken anlehnten, lose herabfielen und eher Unterwäsche (auf die auch gerne verzichtet wurde) als gesellschaftsfähigen Kleidern ähnelten. Bevorzugtes Material dafür war natürlich Baumwolle als Grundlage für den Musselinstoff. Kein gutes Material für einen strengen Winter ohne Zentralheizung. Die Damen litten häufig an Lungenentzündung. Aber schick war es.



die pure Farbe


Ich bin mir sicher, dass es auch an unserer bunten und komplexen Welt liegt, dass wir uns heute gerne wieder mit "Purem" (was auch immer das sein mag) und "Weiß" umgeben. 


Es ist ähnlich wie bei Schwarz: es ist toll. Und für viele Dinge, die Sie sehr lange begleiten werden, sicherlich eine gute Wahl, wie z.B. einen Kleiderschrank.


Aber gelegentlich langweilig, wenn man sich nicht ein bisschen Mühe gibt. Und tatsächlich gibt es auch Räume, wo Weiß nicht die ersehnte Wirkung hat: kleine, dunkle, nach Norden ausgerichtete Zimmerchen werden nicht wirklich heller, wenn man sie weiß streicht. Da helfen nur Leuchten - und eine starke Wandfarbe, um den Raum auf eine andere Art und Weise attraktiv zu machen.







Mit Weiß erhalten Sie starke Kontraste, ähnlich wie bei Schwarz.

Nur, dass es hier leuchtet und die Kombinationsfarbe eine ganz andere Wirkung erhält. Wird z.B. Rosa mit Schwarz immer etwas "erwachsener", bekommt es mit Weiß einen niedlichen Touch. Gelb ist mit Weiß sehr fröhlich - mit Schwarz hingegen eher aggressiv.


Sie sehen also: auch Nichtfarben sind sehr wirkungsvoll und starke Partner.


Viele Grüße

Ihre NIC


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