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Blau machen

Aktualisiert: 5. Jan. 2020

Die Farbe mit dem größten Fanclub


Weite, Ruhe, Treue


Blau gehört zu den Farben, die den größten Fanclub haben. Ich glaube sogar, dass Blau die beliebteste Farbe weltweit ist.

Es wird mit Ruhe, Weite, Treue assoziiert. Und es gilt als Farbe, die sich gut kombinieren lässt. Dem möchte ich widersprechen. Natürlich gibt es sehr viele Farben, die mit Blau einfach unglaublich gut aussehen - aber diese Farbe als leicht kombinierbar zu verkaufen, halte ich schlicht für gelogen.



Es ist nämlich nicht so, dass sich alle Blautöne gleich gut leiden mögen. Wie bei allen Farben, gibt es auch bei Blau sehr viele unterschiedliche Schwingungen. Mal ist es ein bisschen Rot, mal etwas mehr Schwarz, in einigen Blautönen ist ein wenig Grün - und das geht nicht so prima zusammen wie man sich das denkt.


Woher dieser Irrglaube kommt hat sich mir noch nicht ganz erklärt.


Vielleicht liegt es daran, dass Blau eher zurückhaltend ist. Es ist nicht so präsent wie Rot oder Gelb. Je nach Licht halten wir es auch schon einmal für Schwarz oder Grün. Es scheint so, als sei Blau ganz bescheiden und ließe dem frechen Orange den Vortritt. Das mag auch so sein - aber dennoch ist Blau ein unangefochtener Star im Farbkreis.





Es gibt kein Möbel, das ich mir nicht in blau vorstellen kann:

ein Sofa - natürlich!

ein Sessel - aber ja! Stuhl natürlich auch.

ein Bett - da wird man sicher gut ruhen.

ein Kleiderschrank - ich habe sogar mal einen mit blauer Seide bespannen lassen und der war so schick!

eine blaue Küche - hurra!


Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen und ich denke, das darin der Erfolg dieser schönen Farbe begründet ist.

Das gilt auch für die Mode: blau ist elegant, ein bisschen weniger dunkel als Schwarz (und auch ein bisschen weniger elegant) und etwas farbenfroher als Grau aber eben nicht aufdringlich. Und ein Kleidungsstück lässt sich überhaupt nicht wegdenken aus jeden Schrank: die Bluejeans.



Deminlove und Blaumachen


Dieses Blau ist (und war fast immer schon) weltweit verbreitet und hat sich inzwischen so tief in unseren Köpfen verankert, dass ich kurz auf den Farbstoff eingehen möchte: Indigo.


Der Name begründet sich auf seine Herkunft, nämlich Indien. Man kann es aus vielen verschiedenen Pflanzen herstellen, weshalb sich blau auch als Kleiderfarbe überall auf der Welt verbreitet hat.

In Europa wurde dafür eine Pflanze namens Waid benutzt. Es muss eine ziemliche Schweinerei gewesen sein, die Tuche blau zu färben. Man brauchte dafür neben den Blättern der Waldpflanze auch gutes Wetter und eine spezielle chemische Zutat, die sich im menschlichen Urin findet. Und Alkohol .




Was lag also näher, den Alkohol über den Umweg Mensch in den Färbebottich zu füllen anstatt ihn direkt hineinzukippen?


Das Ganze dauerte ein paar Tage, man war ein bisschen mit Umrühren und Schnaps trinken beschäftigt, bis die Brühe die richtige Konsistenz hatte und man die Stoffe hineinlegen konnte. Waren die Stoffe durchgefärbt, mussten sie in der Sonne trocknen, denn erst dann kam das Blau zum Vorschein. Indigo ist also ein recht lichtechter Farbstoff. Und die Jungs, die nun faul in der Sonne ihren Rausch von der Färberei ausschlafen konnten, "machten blau" oder "waren blau".


Der Farbstoff, der aus Indien kam, war viel, viel strahlender, zudem ergiebiger und hat in recht kurzer Zeit dem Waid die Kunden gestohlen. Zeitweise war Indigo sogar in Deutschland, Frankreich und England verboten, weil man die Waidbauern subventionieren wollte - aber sowas kann man eben nicht aufhalten.


Was bis heute allerdings noch nicht gelungen ist: den Farbstoff (inzwischen synthetisch) in der Jeans zu behalten. Die neuen sind dunkel, und wenn sie aufgetragen sind, sind sie recht hell geworden. Die Farbe ist in der Waschmaschine geblieben - und in Ihrem Sofa.

Wenn Sie also eine nagelneue Jeans tragen, sollten Sie sich nicht auf Ihr weißes Sofa setzen. So schnell können Sie gar nicht gucken, wie sich das Blau überträgt. Und es hat gar nichts mit dem Bezug des Sofas zu tun - auch wenn findige Werbeleute das gerne behaupten - es ist die Jeans, die abgibt und das kann man nicht verhindern.

Ich kann Ihnen leider keinen Bezugstoff nennen, der das nicht annimmt. Natürlich, auf dunklen Möbeln sehen Sie es nicht, aber es ist trotzdem da. Auch Leder nimmt Indigo auf. Sicher haben Sie schon einmal ehemals weiße und nun scheckig-hellblaue Lederstühle gesehen.



Seriöse Marine und Maria


Blau verbinden wir auch mit Seriosität. Uniformen sind dort oft blau, in vielen Firmenlogos findet sich ein Blau - und auch in sehr vielen Flaggen. Die Beliebtheit stieg rasant, als die Franzosen Ende des 12. Jahrhunderts ihr neues Wappen - die goldene Lilie auf blauem Grund - einführten. Waren immer schon federführend in Sachen Mode, die Franzosen. Das Blau war eine Hommage an die Jungfrau Maria. 


Maria wurde gerne mit einem ultramarinblauen Mantel dargestellt. So kam es auch, dass Blau als weibliche Farbe angesehen wurde und eben nicht rosa - das wandelte sich erst viel, viel später. Und wenn wir noch weiter zurückgehen, war Blau bei den Römern eine als barbarisch gesehene Farbe, weil die Kelten sich die Gesichter blau anmalten, wenn sie in den Krieg zogen. Ich finde es sehr spannend, wie sich Wahrnehmung und Bedeutung von Farben im Laufe der Zeit verändert haben, größtenteils aufgrund von Verfügbarkeit, und dass wir dennoch einige Dinge immer noch so empfinden wie vor hunderten von Jahren.





Bleib auf Distanz


Aber Blau wird auch oft als kühl und distanziert wahrgenommen. Etwas, was wir in unseren Wohnungen nicht unbedingt fördern möchten. Und wie immer: das Gesamtbild macht das Rennen.


Ein einzelnes Sofa in Blau oder auch eine Dunkelbau gestrichene Wand werden Ihr Wohnzimmer nicht kalt erscheinen lassen. Wenn Sie das aber nun mit reinem Weiß, Chrom, Grau, Schwarz, Marmor und Glas kombinieren, müssen Sie wahrscheinlich immer dicke Socken anziehen.

Ergänzen Sie jedoch das blaue Sofa mit einer cremefarbigen Decke, einer zartrosa abgetönten Wandfarbe, einem hellen Holzboden, geht das sehr gut - da passt dann auch wieder ein gläserner Couchtisch.


Auch Abstufungen von Blau sind schön. Es gibt diesen in lila hineinspielende Ton, der sich gut mit Gelb oder Orange verträgt. Und diese rauchigen Blautöne, die eine wunderbare Ergänzung zu Grau und Schwarz sind.



Blau kombinieren


Die Franzosen, die Engländer und die Italiener machen uns auch hier wieder etwas in Sachen Farbkombination vor. Wenn Sie einmal Gelegenheit haben, sich Stoffmuster aus diesen Ländern anzusehen, werden Sie feststellen, dass sich Mut bezahlt macht: meine Lieblingskombination ist tatsächlich Hellblau mit kräftigem Rot und ein bisschen Weiß oder Hellgrau:



Ich empfinde das als frisch und fröhlich, aber dennoch erwachsen. (Ich glaube, ein Stoff von Dedar ist daran Schuld, oder einer von Elitis, ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Und nur für den Fall: Werbung, umbeauftragt und unbezahlt.)




mit Orange

Und was Blau auch sehr gut vertragen kann: Orange.

Das ist wie bei Rot und Grün - es sind die Farben, die sich auf dem Farbkreis gegenüberstehen, also der klassische Komplementärkontrast.

(Es ist nicht Gelb, wie immer gesagt wird, Gelb ist komplementär zu Violett.)


Das ist ein knalliger Kontrast, der in Maßen eingesetzt einer gediegenen Einrichtung das gewisse Etwas, den Verve verpasst.


Natürlich ist das kleine Dreirad hier kein Sofa - aber ich finde, das Bild transportiert die Idee sehr gut. Vielleicht sollte ich gar nichts schreiben, sondern nur ein paar Bilder aneinanderfügen.



Ich fürchte nämlich oft, dass wenn ich eine Farbe beim Namen nenne, jeder sich den Ton in seinem klarsten Ursprung vorstellt, nämlich so, wie unser Schulmalkasten war.

Und das ist nicht so. Ich nutze den Begriff sehr allgemein, weil auch Bezeichnungen wie "Azurblau" nur ein ungefähres Bild geben können. Und Sie werden ja nicht mit einer RAL-Farbkarte (oder NCS, Sikkens, Capparol, Pantone und wie sie alle heißen) auf dem Sofa diesen Blog lesen, oder?



Blau und Gelb


Natürlich geht Blau auch mit Gelb gut zusammen. Aber hier steht mir mein persönliches Farbempfinden im Weg. Es ist überhaupt nicht falsch - aber es spricht mich einfach nicht so an wie andere Kombinationen.



clean: Blau und Weiß


Blau und Weiß mag ich am liebsten als Sonnenschirm am Strand. Außer  als weißes T-Shirt zu BlueJeans. Das mag gut als Logo für Fußballvereine funktionieren, als hauptsächliche Kombination im Haus finde ich es schwierig. Außer vielleicht auf Ibiza oder Kreta.



schön: Blaugrau


Bei Blau und Grau bedarf es Abstimmung, sonst wird es fade. Wenn das Blau leuchtet, aber nicht zu grell ist, wird das eine schöne Kombi. Geben Sie noch ein bisschen dunkles Holz dazu und Sie bekommen eine höchst elegante Einrichtung, die aber nicht langweilig ist, trotz der ruhigen und eher kühlen Töne.



geheimnisvoll: Schwarzblau


Und wenn Sie Blau mit Schwarz kombinieren, kann das eine nahezu geheimnisvolle Aura verbreiten. Nämlich dann, wenn das Schwarz ein wenig glänzt (z.B. Leder) und das Blau ganz tief ist, aber dennoch gut als Blau zu erkennen ist. Ich habe vor ein paar Jahren einmal einen Teppich entworfen, der auf diese Art und Weise zwei uninspiriert ausgesuchte Möbel (schwarzes Ledersofa, blaue Sessel, weil Blau ja immer geht...) miteinander verbunden. Der Teppich - ein Kombination aus Wolle, Kaktusfaser und Seide - machte ein Ensemble daraus. Ich kann mir auch gut ein schwarzes Bücherregal vor einer tiefblauen Wand vorstellen. Ein bisschen Licht muss da schon drauf - sonst sieht man es ja nicht. 



Blau und Lila


Blau und Lila ist etwas für - sagen wir mal - Fortgeschrittene. Lila an sich ist eine Farbe, die keinen sehr großen Fanclub hat (völlig zu Unrecht, wie ich finde) und die Kombination von Blau und Violett bedarf einer erfahrenen Hand, das muss sitzen, sonst wird das eine sehr seltsame Angelegenheit. Aber dann ist es ein umwerfendes Farberlebnis! Ich habe die Inspiration von einer blauen Hortensienblüte (eigentlich nicht mein Fall) in der Kombi mit einem Rest lila Stoff (glaube ich) - ich hätte mich sonst auch nicht damit beschäftigt. Manchmal muss auch der Zufall einen Treffen landen können.



Blau mit Holz


Blau mag Hölzer sehr gerne. Und es ist fast egal, welches. Eiche, Wenge, Kirschbaum, Lärche - das geht immer. Auch mit den meisten Steinen kommt Blau gut zurecht. Bei Granit mit blauen Einschlüssen (Blue Eyes) wäre ich vorsichtig und auch der sehr verbreitete Bianco Sardo wird keine gute Wahl sein - denn in der Kombination wirkt Blau sehr kühl und weder Stein noch Farbe kommen so gut zur Geltung wie es ihnen zustünde. Obwohl ... Bianco Sardo ist auch nicht mein Liebling unter den Graniten. 

Und während ich mir einen blauen Teppich gut vorstellen kann, stößt ein blauer Teppichboden nicht sofort auf Gegenliebe. Graublau, so gerade noch, aber ein  kräftig blauer oder dunkelblauer Teppichboden haben viel mehr Gewicht in einem Raum als z.B. eine blaue Wand und der Boden gibt immer (!) die Richtung vor.


Aber - und das ist ja das Wunderbare bei den Farben - wenn es der blaue Teppich ist, dessen Farbe Ihr Herz höher schlagen läßt, greifen Sie zu. Das Wichtigste ist, dass Sie sich wohlfühlen. Und da jeder Mensch sein höchsteigenes Farbempfinden hat, sollten Sie dem auch trauen. (Das ist das, woran es meistens scheitert: die Menschen trauen sich nicht und eine halbherzige Farbkombi ist immer die schlechteste Wahl.)



Sollten Sie also Ihren Traumteppich gefunden haben, aber nicht wissen, welche Wandfarbe dazu am schönsten ist, rufen Sie mich an. Wir finden den Top-Ton.



Grüße aus der blauen Stunde

Ihre

NIC

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