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Es grünt so grün

Aktualisiert: 5. Jan. 2020






Grün ist die Hoffnung. Grün ist Leben. Jemand ist mir grün. Komm an meine grüne Seite.


Grün ist die Farbe, die für (neues) Leben steht, für Wachstum, für Natur und inzwischen auch für Umweltbewusstsein. Die Partei "die Grünen" haben sich diese Farbe auf die Fahnen geschrieben und in den USA werden die Forderungen nach dem "new green deal" laut. Grün wird also nicht mehr nur für Marketing benutzt, sondern ist politisches Statement.


Aber ich möchte hier nicht über Politik reden (obwohl sich die Verknüpfung bei dieser Farbe nicht mehr wegdenken lässt).




In unserer Wahrnehmung erscheint Grün eher als eigenständige Farbe denn als Mischton aus Geld und Blau. Vielleicht liegt es daran, dass uns in unseren Breitengraden Grün tagtäglich umgibt. Anders als beispielsweise in Wüstenstaaten - da ist Grün logischerweise etwas Besonderes, weil selten. Und da Grün Leben verspricht, kann man leicht nachvollziehen, warum das zur Lieblingsfarbe Mohammeds wurde.

Wie wir Farben verstehen und wie sie auf uns wirken lässt sich nie vom kulturellen Kontext lassen trennen.

So gibt es z.B. hier den "Gründonnerstag", das ist der letzte Tag der Fastenzeit, der Tag eines Neubeginns.




Grün ist gesund


Ebenso verbinden wir Grün immer mit etwas Gesundem. Sei es als Nahrung in Form von Salat oder als Ausflug in's Grüne oder in die Grünanlagen der Stadt.

Aber manchmal verstehen wir es auch als etwas Unreifes, da Früchte, die noch ein bisschen Sonne tanken müssen, bevor sie genießbar sind, eben noch grün sind. Und das übertragen wir in unseren Sprachgebrauch: "Der ist noch grün hinter den Ohren." oder "Grünschnabel".




Und da Manches, das noch reif ist, durchaus giftig sein kann, hat Grün eben auch diese Bedeutung. Unsere Wahrnehmung ist wirklich vielfältig - eben noch erzähle ich, dass wir Grün mit "gesund" verbinden und nun ist es giftig.

Das liegt nicht nur an ungenießbaren Früchten, sondern auch an Giften wie Arsen.

Wenn wir ca. einhundert Jahre zurückgehen, wo Farben noch nicht synthetisch hergestellt werden konnten, hat ein Maler oder ein Handwerker schon einmal sein Leben riskiert, wenn er Grün hergestellt hat. Dazu brauchte man nämlich Arsen.

Das gilt auch für anderen Farben, da gab es einige sehr tückische. Bleiweiß oder Rauschgelb waren lebensgefährliche Farben. 


Napoleon wurde sein Lieblingsfarbe zum Verhängnis, da er in seinem grünen Salon im Exil auf St. Helena beständig von Arsenausdünstungen umgeben war. Oder die Engländer haben sich so sehr geschickt ihres Gefangenen entledigt. Mord durch grüne Tapete. (Wenn das mal kein Thema für einen Roman ist.)


Und von Absinth will ich gar nicht reden.


Wo wir gerade bei "Giftgrün" sind: das fluoreszierende Grün steht natürlich für etwas Ungutes und hat eine festen Bestandteil in der Gruselbranche in Form von Hexenaugen oder Geisterschleim. Mir ist noch nie ein Gespenst untergekommen - literarisch oder cineastisch - das hellblauen oder rostroten Schleim absonderte oder elegant taupefarben herumglimmerte. Der Geist einer Architektin würde natürlich (!) im schwarzem Rolli spuken und was könnte dieses Unwesen alles mit einem Haus anstellen.

(Schon wieder eine Idee für einen Roman. "Der Geist der Architektin" - klingt gar nicht mal schlecht.)


Hier verschwindet auch die Grenze zu gelb. Je gelber ein Grün ist, desto unreifer und unguter erscheint es uns - aber es wirkt ebenso frischer und jünger. Der Kontext macht's mal wieder.




Grün galt bei uns lange nicht unbedingt als elegant. Das hat etwas mit der Herstellung der Farbe zu tun: Stoffe konnten recht einfach mit Blättern und Wurzeln eingefärbt werden, aber das Ergebnis war stumpf. Es war zwar weit verbreitet, aber nicht wirklich schick. Erst als man synthetisch Farben herstellen konnte, änderte sich das. (Auch das habe ich Ihnen nicht zum ersten Mal erzählt.)

Grün konnte auf einmal leuchten.

Und als die Kaiserin Eugénie zum ersten Mal mit einem grünen Seidenkleid auftauchte, wandelte sich Grün zur angesagten Farbe. Und man stellte schnell fest, dass die Nuance entscheidend. Die Grenze zwischen elegant und ordinär ist sehr, sehr dünn. Das gilt auch für Wohnfarben.



Und wenn wir nun Grün im Haus haben möchten?

Fangen wir natürlich an.



Die einfachste Variante ist die Pflanze. Inzwischen sind Pflanzen wieder sehr angesagt - sogar in Makramée eingepackt! Man muss einfach nur lange genug warten .... alles wiederholt sich nach ungefähr einer Generation. Das gilt für Farben, Mode und auch  Zimmerpflanzen gleichermaßen.


Was Sie nicht tun sollten:

die Pflanzen - welche auch immer Sie bevorzugen - in zu kleine Töpfe stellen. Das sehe ich in ungefähr 90% aller Häuser. Davon abgesehen, dass eine Pflanze ein gewisses Maß an Substrat braucht um leben zu können, sieht es einfach nicht schön aus, wenn eine Yucca-Palme von ca 180 cm Höhe in einem Gefäß steckt, dass gerade mal 30 cm Durchmesser hat und vielleicht 40 cm hoch ist. Und wenn dann auch noch der Plastik-Topf oben herausschaut....



Der Ton macht es.


Ein grelles Maigrün (und dies sehe ich ganz oft in der Werbung) ist auf Fotos sehr verlockend, aber möchten Sie wirklich mit so einem grellen Ton leben? Diese Farbe schreit Sie an, heischt nach Aufmerksamkeit und bringt Unruhe in das Haus.


Besser sind gedeckte Töne mit einem größeren Blau/Schwarz Anteil darin oder auch mit etwas Braun, also in's Olivgrüne gehend. Und nun kommt die Crux: zuviel davon machen das Grün leblos und stumpf und das ist genau diese dünne Grenze, die den Umgang mit dieser schönen Farbe nicht ganz einfach macht.

Das hat natürlich sehr viel mit dem persönlichen Geschmack zu tun, denn jeder Mensch nimmt Farben anders wahr, und ebensoviel mit der Kombination von Farben und Materialien.


Stellen Sie sich einen grünen Sessel vor. Welches Grün sehen Sie?

Ist es ein gedecktes Grün, ist der Sessel aus Leder und assoziieren Sie das vielleicht mit einem englischen Landhaus, wo man abends vorm Kamin einen Tee trinkt und der Hund auf der karierten Wolldecke schnarcht?

Oder ist der Sessel in einem türkisgrünen Seidenstoff bezogen und steht in einem italienischen Palazzo auf hellem Marmorboden?

Vielleicht sehen Sie aber auch einen avocadogrünen Leinenstoff auf einem modernen Sitzmöbel, darunter ein langfloriger Teppich in ecru, ein graues Ledersofa dazu und vielleicht ein paar matt-rote Kissen (der klassische rot-grün-Kontrast). Dieses Ensemble steht vielleicht in Münster auf einem Eichenparkett.



Wenn Sie sich für Grün entscheiden, spielt das Gesamtbild eine große Rolle. Grün ist auch schwieriger mit anderen Grüns zu kombinieren als Rottöne untereinander (obwohl immer anders behauptet). Packen Sie sich deshalb gerne ein Stückchen Stoff von Ihrem grünen Sofa oder das Farbmuster Ihrer Wandfarbe in die Handtasche (ja, das it bei allen Farben ratsam). Und probieren Sie die Farbe, egal für welches Ding, immer bei Ihnen zuhause aus.

Ich finde das ist bei Grün wichtiger als bei z.B. Gelb, da sich Grün bei Tages- und Kunstlicht stärker verändert als andere Farben.



Und die Dosis macht es.


Während ein einzelnes Möbel in einem Olivton eine wunderbare Ergänzung sein kann, wird ein Raum ganz in Olivgrün gestrichen sehr wahrscheinlich trübe daherkommen. Wir können uns - glaube ich - alle an diese unsagbaren, unverwüstlichen Mohairsofas in so einem Ton erinnern, in der Kombination mit "P43" verhunzten Eichemöbeln, dieser in den 80ern omnipräsenten schäbigen Beize mit dem grünlichen Unterton. Es gibt wenig ähnlich Tristes.



Grün und Braun.


Ja, das passt. Würde ich aber nie machen. Das ist langweilig, stumpf - s.o. Außer im Wald ist das eine Farbkombination, die meinen höchsten Unmut erregt. (Bis irgendwann mal das eine Grün und das eine, besondere Braun daherkommen und zusammen ein perfektes Paar bilden.)



Was aber sehr gut geht:


Grün und Schwarz.


Ja, natürlich, sagen Sie jetzt. Mit Schwarz geht ja alles. Stimmt. Schwarz gibt sogar diesem müden "Mohairgrün" etwas Besonderes. (In meinem Büro steht ein 50erJahre Sessel von meinen Großeltern mit einem Epingle - ist auch so ein unverwüstlicher Stoff - in diesem müden Grün. Vor einer schwarzen Wand sieht das aber gut aus. Spezieller als vor einer weißen Wand oder einer blauen.)



Grün und Grau


Suchen Sie sich ein Seladongrün aus, da ist schon ein großer Grauanteil drin. Das mit Grau kombiniert ist sehr schick. Ein kleiner Kontrast (Farbe oder Schwarz) noch dazu: fertig.



Grün und Blau


Naja. Zwar besteht Grün auch aus Blau, aber spannend ist die Kombination nicht.

Gilt auch für Gelb.



Grün und Rot


Das ist die klassische Komplenentärkontrast-Kombination. Ein Prise Rot tut dem Grün ganz gut, nur zu gleichen Teilen wird es zu unruhig.

Origineller ist da Grün und Orange (und auch das sollte sich ein bisschen zurückhalten), weil das ein bisschen neben dem Komplementären liegt und wirkt dadurch spezieller.



Grün und Rosa


Das geht fast immer, da wir hier eine abgemilderte Kombination von dem Komplenentärkontrast zu Rot haben. Ein Olivgrün wird allerdings merkwürdig aussehen, viel schöner sind die kühlen Grüns, also mit mehr Blau und Grau darin.



Grün und Lila

Wer jemals ein Lavendelfeld gesehen hat, weiß, warum das so schön ist.




Grün und Weiß


Bei pastelligen Grüns bin ich dabei. Ein sattes, dunkles Grün oder auch ein Olivgrün wird allerdings eine gedämpftere Farbe vorziehen.



Natürlich sind die oben genannten Beispiele nur eine grobe Idee von möglichen Farbkombinationen.

Es kommt nicht so selten vor, dass ich mit Farbkarten und Materialien hantiere und sich dabei etwas ergibt, von dem man auf die Entfernung sagen würde " uh, nein, bitte nicht" - aber es ergibt ein wirklich wunderbares Ensemble.


Wir können so viele Farben wahrnehmen und auch herstellen, da ist es kein Wunder, dass sich immer wieder etwas Neues ergibt.


Wenn ich "grün" schreibe, gibt es so viele Möglichkeiten:


Salbeigrün, Seladongrün, Arsengrün, Maigrün, Blaugrün, Jadegrün, Saftgrün, Türkisgrün, Olivgrün, Schilfgrün, Waldmeistergrün, Schultafelgrün, Zinkgrün, Flaschengrün, Chlorgrün, Moosgrün, Avocadogrün .....


So kann ich Ihnen hier leider nicht das ultimative Rezept zum Umgang mit Grün an die Hand geben. Aber vielleicht konnte ich Ihre Neugier wecken, weil Sie sich bisher noch nicht mit der Farbe auseinandergesetzt haben.


Und wenn Sie nun Lust auf Grün haben aber doch etwas unsicher sind: rufen Sie mich an.


Grüne Grüße

Ihre

NIC



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